Ein hohes Einkommen sorgt für ein sicheres und komfortables Leben. Gleichzeitig kann es bedeuten, dass man in seinen Job gute Leistungen erbringt und im Unternehmen eine wichtige Rolle spielt. Doch ist ein hohes Gehalt wirklich der Hauptaspekt, wenn es um Zufriedenheit im Beruf geht?
Laut einer aktuellen Studie der Manpower Group (2018), einer der größten Personaldienstleister weltweit, ist jeder zweite Angestellte in Deutschland mit seiner Anstellung unzufrieden. Dabei wird als zweitwichtigster Grund für einen Jobwechsel, nach einer zu niedrigen Bezahlung, die fehlende Wertschätzung angegeben. Demzufolge ist es für MitarbeiterInnen erwiesenermaßen relevant, für ihre Arbeit mehr als ein dickes monatliches Plus auf dem Konto zu verzeichnen. Aber was macht Wertschätzung in der Arbeitsumwelt aus und weshalb ist anerkennendes Lob augenscheinlich eine Mangelware?
Senden und Empfangen
Lob ist ein basales menschliches Bedürfnis. Wir brauchen es, um motiviert zu bleiben. Menschen sind von Natur aus keine Einzelgänger, sondern „Herdentiere“. Wir orientieren uns an unserer Umwelt und brauchen das Feedback von außen, um einordnen zu können, wie gut wir sind und ob wir so wie bisher mit etwas weitermachen sollten. Bei der Arbeit wird beispielsweise nach Qualifikation oder Erfahrung entlohnt. Doch reicht das dauerhaft aus als Feedback für unsere Leistung? Sicherlich gibt es Menschen, denen ist allein der erfolgreiche Abschluss eines Projekts oder der fette Bonus immer wieder Kick und Ansporn genug, um motiviert weiterzumachen. Doch bei der Allgemeinheit der Menschen verhält es sich etwas anders. Werden MitarbeiterInnen für ihre Arbeit regelmäßig und ehrlich gelobt und nicht als Selbstverständlichkeit angesehen, kann man davon ausgehen, dass auch bei Stress motiviert gearbeitet, sogar ein höheres Engagement gezeigt wird. Bleibt die Leistung aber ein Gut, das immer als selbstverständlich betrachtet wird oder werden Erfolge gar ignoriert, d.h. gibt es keine Rückmeldung von oben, dann wird im Laufe der Zeit zunehmend einfach nur die Pflicht erfüllt – bis hin zur inneren Kündigung. Denn es spielt ja keine Rolle, ob nun sehr gut oder durchschnittlich gearbeitet wird, die Resonanz bleibt die Gleiche.
Lob erzeugt Übermut?
Leider häufig falsch verstanden, ist Lob keinesfalls etwas, das die MitarbeiterInnen verwöhnt, Oberwasser bekommen oder sie vielleicht frech mehr Geld einfordern lässt. Sicher gibt es immer auch „Schmarotzer“, wir sind eben alle Menschen, aber die erkennt man schnell und kann notfalls handeln. Vielmehr ist nun einmal jeder Angestellte ein Mensch und sicher kein Roboter, der Aufgaben nur ausführt, weil die Arbeit angemessen bezahlt wird. Gemäß dem Modell: „Ich entlohne dich am Ende des Monats, also hast du die Arbeit nach meinen Vorstellungen zu verrichten.“
Lob ist notwendig, um sich „gesehen“ und wertgeschätzt zu fühlen. Es gilt in jeder zwischenmenschlichen Beziehung als substanziell. Weshalb also eigentlich nicht auch essentiell in der Arbeitswelt? Der größte Fehler liegt demzufolge darin, seine MitarbeiterInnen und KollegInnen emotional verhungern zu lassen oder gar Lob als kontraproduktiv anzusehen. Denn obwohl Hierarchien in der Arbeitswelt durchaus ihre Berechtigung und Notwendigkeit haben, darf man hier auch mit dem ganz ökonomischen Aspekt herangehen, was erfolgsversprechender für ein Unternehmen wäre: Dienst nach Vorschrift oder hohes Engagement?
Respekt muss man sich verdienen
Ein Satz aus Goethes Wilhelm Meisters Lehrjahre lautet: „Wir sind nur insofern zu achten, als wir zu schätzen wissen.“ Ob Chef, Führungskraft oder TeamkollegInnen, respektiert und geachtet wird der, der anderen ehrliche Wertschätzung entgegenbringt. Für Menschen, man achtet und respektiert, arbeitet man gern und motiviert. Hinzu kommt der Aspekt des Employer-Branding, denn viele Unternehmen haben noch nicht verstanden, dass ihre MitarbeiterInnen ihr größtes Kapital sind. Zufriedene Angestellte sind nicht nur motivierter und erzielen mehr Leistung, sondern repräsentieren das Unternehmen nach außen loyal und bleiben länger im Unternehmen. Denn niemand profitiert von einer hohen Mitarbeiterfluktuation.
Nachhaltig arbeiten
Natürlich ist eine gute Bezahlung ein wichtiger Anreiz, um eine Stelle anzunehmen bzw. einen Jobwechsel zu vollziehen oder aber die Gehaltserhöhung ein nicht zu unterschätzender Indikator für die Zufriedenheit im Beruf. Dennoch nicht das Maß der Dinge, denn die Gehaltserhöhung bzw. ein hoher Jahreslohn ist etwas, dass nur ein kurzfristiges Glücksgefühl verursacht. Wie auch eine aktuelle Studie der Harvard Universität (2018) belegt: Eine Gehaltserhöhung von einem Jahreseinkommen von 30.000€ auf 60.000€ macht statistisch am glücklichsten. Vermutlich auch da letzteres Einkommen die beste Balance zwischen Arbeit und Freizeit gewährleisten kann. Genügend Freizeit und Privatleben neben dem Job also, um das verdiente Geld auch zufriedenstellend nutzen zu können. Sind die MitarbeiterInnen aber zufrieden mit den Konditionen ihres Berufs werden andere Aspekte im Job noch wichtiger, damit eine dauerhafte Motivation gewahrt werden kann. Generell scheint die Komponente der Mitarbeiterwertschätzung also eine längere Haltbarkeit zu besitzen, als die der finanziellen Entlohnung. Eigentlich für jeden Chef oder Führungskraft eine lohnenswerte Nachricht, um den Führungsstil hin zu mehr ehrlicher Wertschätzung zu optimieren. Wann haben Sie also das letzte Mal aufrichtig gelobt, ob nun als Chef oder KollegInnen?